Das Müllsammlerpaar vom Straßenrand

Rosemarie und Albert Sturm gehen fast täglich auf dem Radweg neben der Staatsstraße zwischen Salching und Niedersunzing spazieren – und sammeln dabei den Müll ein, der auf dem Boden herumliegt. Foto: Claudia Stecher/Straubinger Tagblatt

Rosemarie und Adolf Sturm sind fast täglich auf dem Radweg entlang der Staatsstraße zwischen Salching und Niedersunzing unterwegs und heben den Müll der Autofahrer auf

Wer öfter die Staatsstraße 2141 zwischen Salching und Niedersunzing entlangfährt, dem sind sie sicher schon aufgefallen: die Frau und der Mann, die auf dem Radweg neben der Straße spazieren gehen und dabei Müll einsammeln. Bei dem Paar handelt es sich um Rosemarie und Adolf Sturm. Fast jeden Tag sind sie auf ihrer „Stammstrecke“ unterwegs – und heben das vom Boden auf, was andere achtlos wegwerfen.

„Das machen wir eigentlich jeden Tag so – außer das Wetter macht uns einen Strich durch die Rechnung“, sagt Rosemarie Sturm und holt sich noch schnell Papiertasche und Müllgreifer. Ihr Mann Adolf ist währenddessen schon ein Stück vorausgegangen – vom Haus des Ehepaars bis zum Ausgangspunkt ihrer Unternehmung, dem Radweg entlang der Staatsstraße zwischen Salching und Niedersunzing, sind es nur wenige Meter. Trotz strahlendem Sonnenschein ist es klirrend kalt an diesem Februarvormittag. Die Sturms zeigen sich wenig beeindruckt und tun, was sie immer tun, wenn sie spazieren gehen: nach wildem Müll Ausschau halten, ihn einsammeln, mit nach Hause nehmen und fachgerecht entsorgen.

Jeden Tag bis zu zwei Stunden unterwegs

Knapp zwei Kilometer lang ist die Strecke bis Niedersunzing, die Rosemarie und Adolf Sturm regelmäßig vom Abfall anderer Leute befreien. Danach geht es wieder zurück. Zwischen eineinhalb und zwei Stunden sind die beiden bei einer Tour unterwegs. Tag für Tag, bei fast jeder Witterung.

Obgleich sie fast daneben wohnen: Dass der Radweg so zugemüllt wird, ist ihnen erst aufgefallen, als sie anfingen, dort auch spazieren zu gehen. Nach zwei Schlaganfällen 2013 und 2014 sei ihr Mann nicht mehr so sicher zu Fuß gewesen, erzählt Rosemarie Sturm. „Rausgehen muss man aber, wegen der Bewegung an der frischen Luft.“ Die Strecke entlang der Staatsstraße bot sich an: Sie ist schnell zu erreichen, geteert und eben. So wurde sie bald zur „Stammstrecke“ des Ehepaars.

Oft – aber nicht nur – sind es aus dem Autofenster geworfene Verpackungen, wie solche Bäckertüten, die das Ehepaar findet. Foto: Claudia Stecher/Straubinger Tagblatt

„Leute werfen das halt einfach aus dem Fenster“

An diesem Tag erwarten die beiden nicht viel Ausbeute. „Gestern waren es nur ein Kaffeebecher und eine Dose“, sagt Rosemarie Sturm, „da wird noch nicht viel dazugekommen sein.“ Doch schon nach ein paar Metern – und einem Hinweis ihres Mannes – benutzt sie das erste Mal ihren Müllgreifer und hebt eine Papiertüte mit Bäckerei-Logo vom Boden auf. Es wird nicht die einzige Tüte sein, die ihr an diesem Tag unterkommt. „Mei, die Leute werfen das halt einfach beim Vorbeifahren aus dem Fenster“, sagt die 70-Jährige. Regelmäßig zu finden seien auch Flaschen, Becher, Dosen und Zigarettenschachteln und beinahe immer Zigarettenstummel. Hinzu kommen unabsichtlich verlorene Dinge, wie zum Beispiel Radkappen. Oder Sachen, mit denen man eher weniger rechnet: So sind die Sturms erst vor Kurzem auf mehrere herumliegende Obstkisten gestoßen. „Das war wahrscheinlich Ladung, die nicht richtig gesichert war“, vermutet Adolf Sturm. Weil der 72-Jährige und seine Frau die Kisten nicht gleich bergen konnten, sind sie nach ihrem Spaziergang mit dem Auto wieder gekommen, um sie zu holen.

Ab und zu findet das Paar auch Dinge, um die es am liebsten einen Bogen machen würde, schon allein wegen des Geruchs. Nichtsdestotrotz haben die Sturms auch schon 30 gebrauchte Windeln auf einen Schlag und Tüten mit Exkrementen mitgenommen und entsorgt.

Beim ersten Mal war alles voller Müll

Weil Rosemarie und Adolf Sturm regelmäßig auf dem Radweg unterwegs sind, ist es heute auf diesem und am angrenzenden Straßenrand immer recht sauber. Das war nicht immer so: Als sie das erste Mal dort spazieren gegangen seien, sei alles voller Unrat gewesen, erinnert sich Adolf Sturm. „Wir haben mehrere Wochen gebraucht, bis wir das alles weg hatten. Das war säckeweise Müll.“ Warum sie nun schon seit so vielen Jahren fast jeden Tag den Abfall einsammeln, den andere an den Straßenrand schmeißen? „Uns stört es einfach, wenn unsere Natur zugemüllt wird“, sagt Rosemarie Sturm. „Wir können den Müll doch nicht liegen lassen – wenn wir ihn schon sehen.“

Das Engagement kommt gut an

Bei Außenstehenden kommt das Engagement der Sturms auf jeden Fall gut an. In der Gemeinde Salching kennt man das Müllsammlerpaar vom Straßenrand. Ab und zu würden sie und ihr Mann von vorbeifahrenden Fahrzeugen angehupt und bekämen ein „Daumen hoch“, sagt Rosemarie Sturm. „Das ist schön, das bestärkt uns.“ Einmal habe eine Frau angehalten und ihnen „Merci“-Pralinen geschenkt. „Einfach so, als Dankeschön.“ Und von einem Autofahrer hat Rosemarie Sturm einen Müllgreifer bekommen – den, den sie seitdem stets dabei hat. „Damit ich mich beim Müllaufheben nicht immer so nach unten bücken muss.“

Quelle: Claudia Stecher/Straubinger Tagblatt