Die erdverbundenen Herren der Lüfte vom 05.06.2020

Logo der Modell-Flug-Gruppe Quax

In der Modellfluggruppe Quax steuern die Hobbypiloten ihre Flugzeuge vom Boden aus

Markus Richter fliegt mit seinem Jet einen Looping. Die Hobbypiloten steuern ohne Hilfsmittel und müssen mir der Sicht des Fliegers denken und lenken.

Salching. Der Motor des Düsenjets läuft an, das Pfeifen des Antriebs geht in ein Crescendo über, ebenso steigert sich die Hitze, die ausgestoßen wird, die Luft flirrt. Der Jet nimmt Fahrt auf und erhebt sich in die Luft, dreht Pirouetten und schlägt Loopings. Auf dem Kopf stehend rast er an seinem Piloten vorbei: Es ist ein Modelljet, der seinem echten Pendant kaum nachsteht.   Von Tobias Maier   Josef Kowal, Vorsitzender der Modellfluggruppe Quax, fliegt seit 38 Jahren; mit zwölf Jahren hat er begonnen. Der Verein der Hobbypiloten feiert im kommenden Jahr sein 15-jähriges Bestehen. „Hoffentlich ohne Corona-Auflagen“, blickt Kowal voraus. Derzeit hat der Verein über 110 Mitglieder, etwa 35 davon sind regelmäßig aktiv. Zum Fliegen nach Salching kommen Hobbypiloten aus Regensburg, Altötting oder dem Kreis Cham. Manche reisen mit Wohnmobilen an und bleiben übers Wochenende.   Auflagen für den Betrieb eines Modellflugplatzes gab und gibt es einige. Die Zulassungsodyssee von der Gemeinde bis hin zum Luftamt habe etwa drei Monate gedauert. Der Flugplatz, der ziemlich genau zwischen Salching und Leiblfing liegt, ist für Modelle bis zu 150 Kilogramm zugelassen. Doch die wenigsten wiegen so viel. „Modelle über 25 Kilogramm, die zulassungspflichtig sind, fliegen nur wirklich Begeisterte“, sagt Kowal. Die kleinen Flugzeuge sehen schwerer aus, als sie sind. Leichtbauweise aus Kohlefaser macht es möglich. Der Preis für ein Modellflugzeug beginnt bei etwa 500 Euro und kann auch in den hohen fünfstelligen Bereich gehen.   Künstlerische Manöver   Ein Modellflugzeug steht senkrecht in der Luft und wird von seinem Piloten auf der Stelle balanciert. Es wirkt geradezu schwerelos. Dann beschleunigt es, fliegt eine Kurve, dreht sich um die eigene Achse und verschwindet für das ungeübte Auge vor dem Mix aus blauem Himmel und weißen Wolken. Es ist ein Elektromodell, das sich laut Kowal bestens für künstlerische Manöver eignet.   Jeder Hobbypilot hat seine eigenen Vorlieben, sagt Kowal. Vom Propellerflugzeug, den Hubschrauber, über den Jet bis hin zum detailgetreuen Flieger aus dem Ersten oder Zweiten Weltkrieg. Hilfsmittel, wie etwa Kameras, gibt es dabei nicht. „Wir fliegen nur auf Sicht, dabei wird die Auge-Hand-Koordination gefordert“, sagt Kowal.   Im Flugsimulator am Computer werden die Grundlagen gelegt. Für den notwendigen Flugschein muss ein Theorieteil bestanden und müssen zwei Flüge vor einem Prüfer absolviert werden.   Auf dem Flugplatz gibt es stets zwei Flugleiter, die den Betrieb kontrollieren, und ein Flugbuch, in dem die Flüge protokolliert werden. Die Sicherheit hat oberste Priorität: „Die Anwesenden haben den Himmel mit im Blick, weil sich der Pilot auf den Flug konzentriert“, sagt Kowal. Zusammenstöße mit Autos oder Unfälle mit Verletzten seien bislang nicht vorgekommen.   Mit Drohnen im Topf   Ein Imageproblem habe es vor allem in der Anfangszeit der Drohnen gegeben. Kowal hadert: „Wir sind mit den Drohnenfliegern in einen Topf geworfen worden.“ Im Gegensatz zu Drohnenfliegern wollen die Quax-Mitglieder aber nicht filmen, sondern einfach nur fliegen. Sie brennen für ihr Hobby. Das zeigt sich, wenn die Technik bis ins kleinste Detail erklärt und wenn mit Begeisterung nicht nur über das eigene, sondern über alle Modelle gesprochen wird.   Für Unstimmigkeiten in der Bevölkerung sorgt hin und wieder der Geräuschpegel. „82 Dezibel sind die Obergrenze, weshalb wir immer einzeln fliegen“, sagt Kowal. Kowal und seinen Kollegen wollen zwar ihrem Hobby nachgehen, nehmen aber auch Rücksicht auf andere: „Wir haben uns selbst eine Mittagspause auferlegt.“ Mit Blick auf die Umwelt haben die Elektromodelle die Nase vorn. Allerdings hält sich laut Kowal der Treibstoffverbrauch in Grenzen. Je nach Modell liege dieser bei vier bis fünf Litern für die Flüge am Wochenende.   Einmal im Jahr kommen Studenten der TU München und der TU Wien, um eine Rakete steigen zu lassen. Diese habe eine Höhenfreigabe von bis zu 3 500 Metern: „Da müssen die großen Flugzeuge eine kleine Ausweichroute fliegen“, sagt Kowal lächelnd.   Früher sei es einfacher gewesen, Mitglieder zu finden. Das Interesse lasse nach. „Wir haben auch viel Konkurrenz, es gibt viele Angebote“, sagt Kowal. Die Hobbyflieger haben sich auch im Ferienprogramm der Gemeinde engagiert, einen Pool aufgestellt und mit den Kindern am Lagerfeuer gegrillt. Wieder gemeldet hätten sich trotzdem nur wenige.   Dabei ist heute das Hobby einfacher auszuüben: „Es gibt viele Bausätze aus China, da ist ein Modell in ein paar Stunden zusammengebaut“, sagt Kowal. Allerdings mindere das ein bisschen den Reiz. Mit einem Flugzeugmodell, an dem wochen- oder gar monatelang gebaut und gebastelt wurde, gehe man einfach sorgsamer um. Eine Bruchlandung sei dann aber umso schmerzvoller.   Immer noch nervös   „Vor jedem Start und vor jeder Landung ist man nervös“, sagt Kowal. Seine Vereinskollegen pflichten ihm bei. Wie beim richtigen Fliegen sei die Landung der schwierigste Teil, die richtige Anflugkurve zu erwischen das A und O. Trotzdem oder gerade, weil bei jedem Flug volle Konzentration gefordert ist, weil der Fokus am Himmel liegt, rückt für den Piloten Kowal der Alltag in den Hintergrund: „Beim Fliegen kann ich sehr gut abschalten.“